Die 4 Kardinalfehler im Konfliktmanagement und wie man sie vermeidet
Manager sind es gewohnt, die Themen in ihrem Umfeld professionell, strukturiert und sachlich zu bearbeiten. Aber funktioniert diese Herangehensweise auch in Konflikten? Jein! Nehmen wir den üblichen Fall zweier sich streitender Mitarbeiter. Der Führungskraft ist vielleicht schon vor einiger Zeit aufgefallen, dass die beiden ein Problem miteinander haben. Was tut sie?
Führungskräfte scheuen oft aus verschiedenen Gründen das offensive Eingreifen in schwelende Konflikte ihrer Mitarbeiter. Sei es, dass sie sich nicht in „Privatangelegenheiten“ einmischen wollen oder sich selbst unsicher sind, welches der richtige Umgang mit Konflikten ist. Leider wird dabei meist verkannt, in welchem Ausmaß die tägliche Arbeit und Leistung durch den Streit beeinträchtigt werden. Falls Sie selbst bereits einmal Beteiligter eines Streits unter Kollegen waren, wissen Sie wie viel Mitarbeiter-Energie dieser frisst. Professionelles Konfliktmanagement hat also direkten Einfluss auf die Effizienz Ihres Arbeitsbereichs!
Um einen Konflikt endgültig auflösen zu können, müssen die Kontrahenten aufeinander zugehen und eine für beide passende Lösung vereinbaren. Das kann im Glücksfall die Lösung sein, welche Sie auch als Führungskraft bevorzugen würden, muss es aber nicht. Sobald Sie selbst Ihre eigenen Vorstellungen in die Lösungsfindung einbringen, und sei es nur unterschwellig, werden sich die beiden Kollegen nicht mehr unbeeindruckt auf etwas einigen können, sondern versuchen, Ihre „Chef-Sichtweise“ in die Lösung einzubauen. Das macht das Ganze ungleich komplizierter und spannungsgeladener. Oft wird es unter diesen Voraussetzungen gar nicht gelingen, den Konflikt beizulegen.
Eine vorschnelle Einigung „dem Chef zu liebe“ löst nie den Konflikt. Vordergründig geben sich die Mitarbeiter zunächst Mühe, dem Wunsch des Chefs zu entsprechen. Aber in mindestens einer Konfliktpartei brodelt es bei einer vorschnellen „Einigung“ meist weiter. Dann reicht nur ein kleines Missverständnis oder eine dumme Bemerkung des Kontrahenten und der Spaß geht von vorne los, da noch gar nichts gelöst war!
Weil sich alle drei Beteiligten dabei sicherer fühlen, sollen Konflikte meist rein sachlich bearbeitet werden. In längeren Konflikten sind aber immer wichtige Emotionen betroffen: Jemand fühlt sich beispielsweise bei einer weitreichenden Entscheidung nicht gehört, unfair behandelt oder nicht genug wertgeschätzt.
Was sollte man denn nun als Manager stattdessen tun?
1. Handeln Sie frühzeitig!
Natürlich muss nicht jeder dumme Spruch oder jede kleine Nickeligkeit gleich in einem Gespräch zu dritt bearbeitet werden. Wenn Sie aber merken, dass zwei Mitarbeiter wiederholt Symptome eines Konflikts zeigen, dann sollten Sie tätig werden.
Symptome können sein:
– Vermeidung von Kommunikation und Blickkontakt, geschlossene Körperhaltung
– Ironie und Sarkasmus
– Eskalierende Emails und entsprechend größer werdende Verteiler
– Neuerdings geringe Beteiligung in Besprechungen, keine eigenen Vorschläge
– Sturheit, Starres Festhalten am eigenen Standpunkt
Suchen Sie zunächst das lockere Gespräch (jeweils unter vier Augen), schildern Sie Ihre Beobachtungen und fragen Sie, was eigentlich los ist und ob der Streit ohne Sie untereinander gelöst werden kann. Wenn beide Seiten dies bejahen, sollten Sie sich zurückhalten aber weiter beobachten, ob es tatsächlich zu einer Entspannung kommt. Häufig wird diese Intervention schon ausreichen, insbesondere, wenn Sie eben frühzeitig eingreifen und der Konflikt noch nicht verhärtet ist.
2. Machen Sie sich noch einmal das Ziel des Gesprächs klar
Wollen Sie vorrangig, dass der Konflikt gelöst wird? Oder ist es Ihnen wichtiger Ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen, weil das Thema, um das es geht, zu wichtig ist? Überlegen Sie also, ob Sie im vorliegenden Fall wirklich als ergebnisoffener Konfliktmoderator oder eher als Führungskraft agieren wollen oder müssen. Im zweiten Fall sollten Sie nicht als Moderator auftreten, denn Ihre Mitarbeiter spüren unterschwellig sehr genau ihren Zwiespalt und dieser steht der Konfliktlösung im Weg. Es ist dann besser, wenn eine andere geeignete Person das Konfliktmanagement als Moderator übernimmt.
3. Nehmen Sie sich die Zeit, jede Partei zunächst im Vier-Augen-Gespräch anzuhören.
Dabei können Sie neben der „Faktenlage“ (aka „gegenseitige Anschuldigungen“) durch wertschätzendes Nachfragen auch erfahren, was genau den Mitarbeiter sauer oder wütend gemacht, oder enttäuscht hat. Die Fragestellung „Was genau… Welches Verhalten…Welche Situation hat Dich denn jetzt so wütend gemacht… verletzt… enttäuscht…?“ ist sehr hilfreich. Ein gutes Verhältnis zu Ihrem Mitarbeiter vorausgesetzt wird er die Frage beantworten und zwar meist auf eine recht sachliche Art und Weise, Sie sind ja der Chef. Haben Sie aber auch keine Angst vor Tränen oder lautstarken Äußerungen, das kommt sehr selten vor, und wenn doch: Lassen Sie dies einfach geschehen. Man kann dann auch etwas sagen wie „Ich merke grad, wie sehr es Dich nervt.“ Oder sogar: „Ich kann es nachvollziehen, dass es Dich nervt.“ Wenn sich die Situation beruhigt hat, fragen Sie „Was genau müsste die andere Seite denn tun, damit Du wieder ein normales kollegiales Verhältnis zu ihr haben könntest?“ Dadurch erkennen Sie, wie hoch die Hürden für eine Konfliktlösung sind. Fragen Sie aber auch „Was kannst Du Dir vorstellen selbst zur Konfliktbereinigung beizutragen um dem anderen entgegen zu kommen?“
4. Eine tragfähige Konfliktlösung kann nur gelingen, wenn Emotionen auch besprochen und in der Lösung berücksichtigt werden.
Das ist gar nicht so schwer und aufreibend, wie es sich zunächst anhört. Falls Sie das Gefühl haben, dies selbst moderieren zu können, schlagen Sie ein Gespräch zu dritt vor. Die Emotionen sind in diesem Gespräch häufig schon viel milder, da die Mitarbeiter im Einzelgespräch mit Ihnen bereits etwas Druck abgelassen haben und sich auch in der Zeit bis zum Dreier-Gespräch weitere Gedanken machen konnten.
Machen Sie den gesamten Prozess transparent, betonen Sie zum Beispiel, dass Sie sich die andere Seite vorher auch anhören und die gleichen Fragen stellen werden.
Wenn daraufhin beide Seiten dem Gespräch und Ihnen in der Rolle des Moderators vorbehaltlos zustimmen (Und nur dann!), können Sie dieses durchführen.
Nun darf jede Seite ihre Geschichte noch einmal ohne Unterbrechung der anderen Partei erzählen. Kommentieren Sie das Gesagte nicht mit eigenen Interpretationen sondern lassen Sie es unkommentiert stehen. Es geht nicht um Ihre Sichtweise, sondern darum, dass die Streithähne einander zuhören! Fragen Sie dann jede Seite nach der Zukunft, beispielsweise: „Was genau müsste er/sie denn tun, damit Du wieder ein normales kollegiales Verhältnis zu ihm/ihr haben könntest? Was wärest Du selbst gewillt zur Lösung beizutragen?“
Häufig kommt man dann der Lösung schon recht nahe und kann konkrete Vereinbarungen treffen.
Falls dies noch nicht gelingt, war das Gespräch nicht vergebens, denn die verschiedenen Sichtweisen und Emotionen sind nun auf dem Tisch. Vielleicht ist ein weiterer Termin nötig oder die weitere Konfliktmoderation durch eine unabhängige Person, welche erfahrener darin ist.
Vereinbaren Sie zum Abschluss zu dritt konkrete weitere Schritte oder ein Follow-Up-Treffen um das Erreichte kurz gemeinsam zu reflektieren.
– Beide Seiten haben Interesse an der Lösung des Konflikts, weil sie selbst darunter leiden. Dies ist die wichtigste Grundvoraussetzung. Sollte eine Partei kein echtes Interesse an einer Lösung haben hilft keine Konfliktmoderation, es braucht dann etwas Anderes!
– Je weniger Druck von Seiten des Moderators, desto erfolgversprechender eine echte Lösung: Der gesamte Prozess der Konfliktmoderation wird stets transparent gemacht, jede Partei sollte der Moderation frei zustimmen können, die Möglichkeit haben Bedenken offen zu äußern und ggf. auch aus dem Prozess auszusteigen.
– Sie nehmen sich gemeinsam die nötige Zeit für die Konfliktklärung, auch dabei wäre Zeitdruck kontraproduktiv.
– Strukturiertes Vorgehen anhand der beschriebenen Fragen hilft Ihnen als Moderator die nötige inhaltliche Distanz zu wahren und sich nicht inhaltlich einzumischen. Bereiten Sie alle Fragen und den Prozess schriftlich vor, um den roten Faden zu behalten.